Es gibt ja kaum einen Tag mehr, der nicht irgendein Feiertag ist, eine besondere Bedeutung hat oder sonst einfach für ein spezielles Ereignis steht. Und trotzdem hat sich der 19. März 2022 einen neuen Platz in der Geschichte gesichert. Zumindest in der Jaun’schen Familiengeschichte. Da können weder die Einführung des Frankens 1799 noch die Geburt von Bruce Willis 1955 und auch nicht die Entdeckung eines Gammablitzes der NASA-Satelliten 2008 mithalten. Unser Sprössling hat mal wieder Grosses geleistet. Also eigentlich Kleines – aber dort, wo es auch tatsächlich hingehört. So, fertig um den heissen Brei geredet: Da war ein Töpfchen, darin ein Gagi und schon waren die Eltern komplett aus dem Häuschen.
Bevor es um die Wurst geht (haha!), erlaube ich mir kurz auszuholen. Um besondere Momente des eigenen Kindes festzuhalten, scheinen die Möglichkeiten schier unendlich: Gipsabdrücke für Füsslein, Zahnboxen für Milchzähne und eine Vielfalt an Bücher für alles andere. Und doch fehlt überall ein Moment für die Ewigkeit! Dem ersten erfolgreichen Töpfchen-Aufenthalt wird schlicht und ergreifend nicht die verdiente Aufmerksamkeit geschenkt. Die ersten Schritte? Ein Riesending! Das erste Wort? Hühnerhautmoment! Das erste Töpfchen-Gagi? Wird gerne unter den Teppich gekehrt – aber hoffentlich nicht wortwörtlich! Und wieso bitteschön?! Ich verlange ja keine Gipsabdrücke oder Gagiboxen, ein bisschen mehr Anerkennung für diesen speziellen, erstmaligen Moment wäre aber wünschenswert. Genau deshalb geben wir ihm hier auch eine Bühne. Erst dann können wir mit gutem Gewissen spühlen.
Ohne Fleiss kein Preis! Hinter dem Erfolgserlebnis stehen intensive und ausdauernde Trainingseinheiten. Auch für uns Eltern war (und ist!) es ein anspruchsvolles Projekt. Essen lernen, Laufen lernen oder Sprechen lernen: Vormachen und das Nachmachen fördern, keine Hexerei. Die Befähigung im ordnungsgemässen Toilettengebrauch ist aber happig. Und das Vorzeigen übrigens ein schwieriges Unterfangen, zumindest auf dem kleinen Töpfchen. Die gebräuchlichsten, normalen WC-Fähigkeiten beherrschen auch wir, imfall. Bringen dem Jüngling aber herzlich wenig. Es waren also andere Massnahmen gefragt. Erstaunlich und teilweise ziemlich witzig, was es da alles für Taktiken und Hilfsmittel gibt. So ist beispielsweise Jaro’s Töpfchen nicht einfach irgendein Töpfchen, sondern ein Pottwal-Töpfchen. Der Potty. Ein innovatives Meisterwerk und ästhetisches Highlight. Wieso gibt es sowas nicht für Erwachsene? Anyway, dazu gibt es ausserdem auch eine literarische Bravourleistung: «Potty geht aufs Töpfchen». Eine Geschichte, in welcher der kleine Wal Potty endlich seine Windeln loswerden und wie seine Freunde aufs Töpfchen gehen will. Zusammen mit der treuen Begleiterin, Schildkröte Schilli, bauen sie aus Muscheln einen Potty. Absoluter Buch-Geheimtipp. Und wenn wir schon beim Thema sind, kurz zwei Fakten zu den «richtigen Pottys»: Die haben mit bis zu neun Kilogramm das schwerste Gehirn der Tierwelt und können als Tieftauch-Meister die Luft über Stunden anhalten. Letzteres ist eine Fähigkeit, um welche wir sie tatsächlich beneiden. Der Potty-Inhalt duftet nämlich nicht immer nach frischer Frühlingswiese!
Optimal ausgerüstet starteten wir dann das Gewöhnungstraining – hört sich kurzfristig an, begann aber vor einem Jahr und wird auch noch andauern. Aha, man kann dort drauf sitzen. Aha, man kann dort den Deckel öffnen. Aha, man kann dort sein grosses und kleines Geschäft verrichten. Aha, da braucht es keine Windeln. Vier Aha’s und schon sollte alles einwandfrei funktionieren. Schön wär’s! Wir tasteten uns da aber völlig stressfrei immer näher ran. Als es in letzter Zeit wieder ein bisschen wärmer wurde, liessen wir den Jüngling auch stellenweise im Adamskostüm durch die Wohnung wieseln. Füdliblutt war die Töpfchen-Hemmnis plötzlich nicht mehr so stark. Bei akuter Not folgte zuerst eine unmissverständliche Vorwarnung mit «Gagi, Gagi!» dann der Sprint ins Bad, um dann etwa gefühlt zehnmal auf den Potty zu sitzen und gleich wieder aufzustehen. Auf der Zielgerade – aber noch nicht ganz am Ziel. So wurde der bis dahin erfolgreichste Versuch rund einen halben Meter vor dem Potty platziert. Dann galt es den zuerst verunsicherten Jüngling zu loben und für die restlichen 50 cm beim nächsten Versuch zu ermuntern. Selbstverständlich musste gleich danach erklärt und argumentiert werden (auch ohne Pottwal-Atmung!).
Und siehe da, es hat sich gelohnt. Wir schreiben also den 19. März 2022. Das Vorgehen ähnelte zuerst dem vorher Beschriebenen. Aber plötzlich verdächtig rote Backen und hörbares Drücken – und das Ganze nackt auf dem Potty sitzend. Er wird doch nicht etwa? Natürlich hat er. Und wie! Um der aufkommenden Verwirrt- und Unsicherheit von Jaro entgegenzuwirken, entschieden wir uns für eine Standing Ovations zusammen mit einem Feuerwerk an Komplimenten. Es zeigte Wirkung, der elterliche Stolz wurde prompt übertragen. So wollte der fast vor Stolz platzende Junior alles akribisch begutachten und bei den folgenden «Arbeiten» hautnah dabei sein. Aus irgendeinem Grund musste der mit eindeutigen Spuren versehene Potty dann auch dem Grosi präsentiert werden. Seine Wünsche sind (noch) unsere Befehle. Das Grosi war zuerst und verständlicherweise leicht verwirrt, freute sich dann natürlich jubelnd mit. Der Tag bleibt ihr wahrscheinlich auch in Erinnerung. Im Endeffekt also für uns alle alles andere als ein verschissener Tag!
29. März 2022 @ 20:24
Ein wichtiges Geschäft! Gratuliere allen Beteiligten. Grosi kann auch stolz sein.
30. März 2022 @ 15:15
Herzlichen Dank! Wahrhaftig ein Feiertag für uns alle 🙌💩🍾
30. März 2022 @ 5:40
Ja, da chame nume gratuliere, früecher het me d Chind uf ds „Häfi“ (emailierter Blechtöpfli) gsetzt, we me het wöuwä Rueh ha u z Chind guet versorget isch gsy.
30. März 2022 @ 15:19
Der Potty ist halt ein cooleres «Häfi» 🐳 Wir haben auch noch emailierte Blechtöpfe – einfach in der Küche 😉👩🍳